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PIA meets WIA 25 - Nachlese

  • Autorenbild: PIA
    PIA
  • 31. Juli
  • 7 Min. Lesezeit

geschrieben von Mareike Tölke


"Wertschätzung und Wandel - Wie bauen wir Zukunft?"

Unsere PIA Veranstaltung im Rahmen des WIA 25 Festivals hatte Experten und Interessierte aus der Baubranche am 19.06.2025 im Architektur Salon zusammengebracht. Es wurde die Praxis des nachhaltigen Bauens beispielhaft illustriert.

Nach einleitenden Worten unserer Moderatorin Kristina Bacht vom AIT- Salon, begrüßten unsere Vorsitzende Architektin Sibylle Schenk vom Architekturbüro Schenk + Fleischhaker zusammen mit Innenarchitektin und PIA Geschäftsstellenleitung Mareike Tölke, MLayouts, alle Gäste im Namen vom PIA WIA Netzwerk e.V. und stellten das PIA Woman in Architecture Netzwerk vor. Zum Abschluss leiteten Sie, mit der Fragestellung „Wie können wir die heute in sechs Vorträgen vorgestellten Perlen des nachhaltigen Bauens auf das große Ganze übertragen“ in den Abend ein.

Architektin, Andrea Blötz startete mit Ihrem Herzens Projekt: „Lübbers Hof in Reppenstedt“ - nachhaltiger Umbau im Bestand. Sie hat uns anschaulich erläutert welche Hürden bei dieser besonderen Gutshofsanierung zu meistern waren und sind. Vom unerwarteten Erneuern des Dachaufbaus, über den Einblick Ihrer Arbeit mit dem Einbau von Tageslicht- Tubes oder der natürlichen Wärmedämmung aus Leichtlehm/Hanffaser- Gemisch inkl. Wandheizsystem. Immer mit dem sensiblen Gespür den Charakter des alten Bauernhofes zu erhalten und zu unterstreichen, was auch den Bauherren ein großes Anliegen ist. Das schafft Sie u.a. mit sichtbaren alten Holzbalken in Wänden und Dach, sowie liebevollen Fachwerk Ziegel Details. Welches Material ist an welcher Stelle das Beste, im Hinblick auf Langlebigkeit, fällt die Entscheidung auch mal auf das Aluminiumdach.

Darauf folgte der Vortrag von Anja Bremer und Beate Kirsch von artandarchitecture Kirsch Bremer über Ihr Projekt: „Nolde Museum.“ Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit, Sanierung und Weiterentwicklung des Wohn- und Atelierhauses von Ada und Emil Nolde ging es um weit mehr als eine rein denkmalgerechte Sanierung. Angesichts der Tatsache, dass das Haus mit seinen diversen An- und Umbauten sowohl zu Noldes Lebzeiten als auch nach seinem Tod 1956 seine eigene Baugeschichte erzählt, war die Fragestellung: Welche Leitidee, welches baulich-räumliche und funktionale Konzept, welche Geschichte diese nächste Schicht des Hauses erzählen und prägen soll. Das architektonische und innenarchitektonische Konzept überzeugte durch die Wertschätzung für den Bestand und durch neue Impulse.

Den wertvollen Bestand erkannte auch Architektin Katharina Born bei Ihrem WEG Projekt Wohnanlage Schlankreye von 1926. Sie stand vor der Herausforderung die Treppenhäuser in allen Wohnungen des gesamten Objektes unter Berücksichtigung von Brandschutz-, Denkmal- und Haustechnik- Vorgaben sowie wirtschaftlichen Aspekten zu sanieren. Nach der Befundanalyse ging es um die Klärung des Umgangs mit der historischen Bausubstanz vor allem der besonders farbigen Fliesen Vielfalt im Entrée der Treppenhäuser. Die Wandfliesen sollten substanzschonend von den Wänden entfernt werden und nach Abschluss der Strangsanierung wieder angebracht werden – so der Plan – die Umsetzung dafür stellte sich als fast unmöglich heraus. Katharina Born appellierte, auf Grund Ihrer Erfahrung in diesem Projekt, an die Fach Kollegen aus dem Puplikum, sich an solcher Stelle sofort professionelle Restauratoren mit ins Boot zu holen. Denn Sie wusste instinktiv, dass hier sensibles und Achtsames Finger Geschick gefragt ist und so entstand die wertvolle Zusammenarbeit mit der Restauratorin Julika Heller von der Werkstatt für Kunst und Denkmalpflege Gbr.

Julika Heller, verantwortlich für den Erhalt der alten Fliesen stand Sie vor der Herausforderung unter Berücksichtigung der technischen Anforderungen, wie nachträglich geführte sichtbare auf den Fliesen verlaufende Leitungen, die Fliesen möglichst unbeschadet originalgetreu zu restaurieren. Um den Charme zu erhalten hat Sie es sich zur Aufgabe gemacht die Fliesen an dieselbe Stelle wieder anzubringen, die Sie zuvor originalgetreu restauriert hat. Die Mörtelbindung war über die Jahre extrem hart geworden und die Gefahr vermehrte Fliesenbrüche beim Ausbau zu Verhindern nur etwas für professionelle und erfahrene Restauratoren, die sich die modernste Technik zunutze machen, um Altes bewusst zu erhalten und zu bewahren, so dass dieses Projekt zielführend durch sichtbare Wertschätzung historischer Materialien die Wohnqualität für das nächste Jahrhundert stärkt.

Was entsteht, wenn sich Visionäre vereinen? Ihre Vision wird zur Mission und diese zum PilotProjekt dieser gemeinnützigen Gesellschaft Namens WOODEN VALLEY. Wooden Valley ist ein Gemeinwohl ökonomisch ausgerichtetes Start-up mit dem Ziel, Bildung, Forschung und Praxis rund um zirkuläres und klimapositives Bauen neu zu denken und zugänglich zu machen. Das großARTige Projekt „wood.ii stellte uns Visionärin Kamila Pasko beispielhaft bebildert vor. Wood.ii ist ein Lernmobil und steht für regeneratives Bauen und verantwortliches Denken, Gerne hätten wir das mobile Tinihouse live vorm AIT Salon erleben und begehen wollen, doch leider sind die Hürden der Verwaltung immer noch immens hoch, dass wir kurzfristig keine Abstellerlaubnis erhalten haben mit u.a. der Begründung: „Die inneren Motive finden keine Beachtung!“ Darum ist eine Veranstaltung wie diese, die Defizite beschreibt, Erfahrungen teilt und das Thema Klima, Umwelt und Gesundheit voranstellt, Möglichkeiten aufzeigt und aufklärt heute wichtiger als jemals zuvor – denn: Wir haben die Erde von unseren Eltern nicht geerbt, wir haben Sie von unseren Kindern nur geliehen – darum ist es ein großer Schritt solch beispielhafte Projekte wie das Lernmobil wood.ii zu fördern. Für das Bildungssystem, für unsere Schulen, für unsere Kinder für eine Zukunft! Wood.ii ist ein inspirierender, erlebnisnaher Erfahrungsraum, um die Kreisläufe der Natur zu be-greifen. Es gibt keine Trennung zwischen uns und der Natur. Wir sind Natur. Sobald wir uns dessen bewusst werden sind wir nie wieder allein. Wie einst Pippi Langstrumpf selbstbewusst sagte und lebte: „Ich habe das noch nie gemacht. Deshalb gehe ich davon aus, dass ich das kann!“ Wir werden das Lernmobil begehen am 23.09.2025 im Rahmen unseres nächsten PIA After Works: https://www.pia-net.de/event-details/pia-after-work-zirkulares-bauen

Mit einer starken mutigen Vision ging es nach einer kurzen Pause weiter: Regina Gebauer von Drees&Sommer fesselte und begeisterte uns für Ihr Herzen- Projekt RoofKIT. Das Projekt RoofKIT ist Teil des Solar Decathlon Europe 21/22, dem weltweit größten Hochschulwettbewerb für nachhaltiges Bauen. Regina’s Projektgruppe stellten sich die Fragen:

Wie können wir sozial-ökonomisch fairen Wohnraum schaffen, ohne unsere natürlichen Ressourcen zu zerstören? Und wie können wir ökologisch sensible Gebäudestrukturen schaffen, die die Endlichkeit der natürlichen Materialvorräte anerkennen und jeden Zustand der „Verschwendung“ vermeiden, aber den vorhandenen Gebäudebestand als urbane Materialbank für die Zukunft verstehen? Wie können wir alternative solare Gewinnungssysteme als Teil einer Urban Mining-Theorie entwickeln und paradigmenverändernde Innovationen als weltweit erste ihrer Art vorschlagen? Und wie können wir urbane Mobilitätssysteme als integrativen Teil des immobilen Gebäudesektors einsetzen?

Das RoofKIT Team hat die Flächenressourcen innerhalb unserer Städte erkundet: Die Lösung: „Gebäudedächer!“

Mit der Anwendung von Urban Mining auf die Identifizierung neuer möglicher Bauflächen in unseren Städten und der Anwendung des Konzepts auch auf die Material- und Energiefrage zeigt das Projekt, dass es möglich ist, den Gebäudesektor schon heute in ein funktionierendes Kreislaufwirtschaftssystem zu integrieren, ohne zwischen „Abfall“ und Versorgung zu unterscheiden. Die Stadt von heute wird die Ressource für die Stadt von morgen sein. Dazu braucht es ein neues Verständnis von Bauen. Wir müssen alle konstruktiven Details neu denken, um unsere zukünftigen Gebäude auf einen solchen Wandel vorzubereiten. Es braucht einen neuen Generationenvertrag für beide - die Gesellschaft und die jungen Architekten. RoofKIT zeigt, dass dies schon heute möglich ist. Es stellt neue Konstruktionssysteme vor, neue Materialien, die gerade aus der Forschung in eine innovative Industrie eingeführt werden, und zeigt, wie neu entwickelte Systeme zur Gewinnung von Solarenergie unserem Glauben folgen werden: Nachhaltige Architektur muss atemberaubend aussehen!

Angesichts der weltweiten Klimakrise müssen wir unsere architektonische Denk-, Handlungs- und Bauweise ändern. RoofKIT ist ein Demonstrator für eine neue Generation von Gebäuden, die ihre Verantwortung ernst nehmen. Es zeigt, dass soziale Nachhaltigkeit in Form von erschwinglichem, qualitativ hochwertigem Wohnraum, der mit der Nachbarschaft interagiert, eine Frage guten und informierten Designs ist, dass die Nutzung von Solarenergie nicht nur ein Accessoire, sondern ein obligatorischer Bestandteil jedes Designprozesses und Mobilitätskonzepts sein wird und dass Ressourcen, die aus der urbanen Mine stammen, zu einem synergetischen, widerstandsfähigen Design verwoben werden können und werden, da sie in einer zukünftigen Kreislaufwirtschaft uneingeschränkt genutzt werden können.

Das Team: RoofKIT ist ein kollaboratives Thinktank, das mit der Zeit immer weiterwächst und weitere Personen und Organisationen auf dem Weg einbezieht. Gründungsmitglieder und Gruppen sind u.a. die Fakultät für Architektur, KIT (Karlsruher Instituts für Technologie)

Last but not least erdete uns Architektin Petra Diesing von Ihrem Büro NEUSTADTARCHITEKTEN. Bei aller Visionen und Möglichkeiten der Nachhaltigkeit ist es doch ein großer Spagat zwischen Nachhaltigkeit und Kosten. Sie zeigte uns praxisnahe Beispiele mit nachhaltigen Lösungsansätzen aus 25 Jahren Erfahrung. In allen Leistungsphasen im Bereich geförderter Wohnungsbau. Was ist möglich, machbar und förderbar? Komponenten wie beispielsweise Fernwärme, einschalige Bauweise mit Poroton Mauerwerk und Klinkerriemchen als Fertigteilwände, Teilunterkellerung, reduzierte Balkonanzahl, gemeinsame Küchen und Bäder, Dachbegrünungen. Sowie im Innenausbau schadstoffarme Materialien, Holzfaserwände, Lehmspachtelung/putz. Ihr Resümee auf die Sicht der Dinge: Die Recherche nach Bauteilen mit Recycleanteil geht weiter, Erkenntnisse aus verworfenen Ideen sind wertvoll, frühzeitige Priorisierung der Projektziele sowie frühzeitige Einbindung der Fachplanung und Kommunikation unter den Planenden sind außerordentlich wichtig, denn Nachhaltigkeit erhöht die Komplexität der Planung!

Im Anschluß moderierte Kristina Bacht unsere Gäste für die Podiumsdiskusion auf die Bühne

Die Gäste aus der Baubranche wurden zu der Frage: Welche Vortrags- Perle hat am meisten begeistert interviewt. Karoline Habt, Prozessbegleiterin für zirkuläres Bauen wurde durch die heutigen Vorträge wieder in Ihrer Erkenntnis bestätigt, dass das Zwischenmenschliche eine Grundvoraussetzung ist, um das Thema Nachhaltigkeit zu meistern.

Johannes Beusker vom Klinker und Fassadenhersteller Hagemeister stellte fest, dass Bauen im Bestand einen besonderen Reiz hat aber auch besondere Anforderungen braucht. Es braucht vorallem Menschen mit Passionen und Visionen, dieses unterstreicht Frank Beister von Bauunternehmung Otto Wulf mit den Worten: Hinter Jedem Projekt steht Jemand der das auch will. Es muss von Anfang an das Bewusstsein geschafft werden und alle Beteiligten müssen mitziehen. Vergleichsweise mit der Luftmatratze, wenn nur einer an einer Stelle drückt, kriegen wir die Luft nicht raus, aber wenn wir unsere Arbeitsweise überdenken und viele an vielen Stellen gleichzeitig drücken ist es zu schaffen. Ergänzend berichtet Johannes Beusker von diversen Uni Forschungsprojekten, wie z.B. die Sonnenenergie solarthermisch auch auf Fassaden nutzbar zu machen.

Franziska Streb von bromsky Architekten und als Vertreterin vom Arbeitskreis Nachhaltigkeit von der Hamburgischen Architektenkammer setzt Ihren Fokus auf Material und Technik und somit Wertschätzung. Recycelte Materialien sind gut aber noch besser ist es, den Fokus auf kompostierbare Materialien zu setzen.

Wo bleibt bei der „Perlen-Skalierung“ die Kreativität? Karoline Habt sieht die Kreativität an anderer Stelle, durch eine gemeinsame Bauaufgaben Zielsetzung wird wieder neue Kreativität eröffnet. Karoline Habt sieht der Kreislaufwirtschaft sehr positiv entgegen, sie wächst. Sie befindet sich im Lernprozess.

Alle Podiumsgäste stimmen zu und sind sich einig: Die Segel sind gesetzt! Wir müssen Machen, auch Fehler – die gehören dazu. Das Lernen sollte im Fokus sein, nur so können wir gemeinsam Fahrt aufnehmen.

Die Abschlussworte sprach Tina Unruh im Namen der Hamburgischen Architektenkammer

Sie bedankte sich gerührt für diesen inspirierenden Abend bei allen aktiven Vortragenden und Gästen aus der Baubranche und uns Hintergrund aktiven Pia Woman in Architecture Akteurinnen und fand den Bogen aus der wissensgeballten Fachpraxis zurück zur Frauen Sichtbarmachung in der Architektur im Rahmen unseres WIA Festivals 2025. Dieser Abend ist ein Paradebeispiel für Frauen in der Architektur. Wir stehen für Veränderung, repräsentieren Teilzeitarbeit und kämpfen für Gehältergerechtigkeit. Es müssen alte Vorstellungen gebrochen werden, um die Veränderung der Gesellschaft durch mehr Sichtbarkeit der Frauen in der Baubranche zu erlangen.

Die Akteurinnen bekamen Blumen überreicht und wir ließen den Abend in Kleingruppen Gesprächen bei Wasser und Wein ausklingen.

Ein besonderer Dank galt unseren Sponsoren, dem Architekturbüro Schenk + Fleischhaker sowie dem Softwareentwickler Graphisoft, vertreten durch Antonia Petschat.

Abschließend sei zu sagen: Es ist an der Zeit mutig zu sein, wir sind mutig, alle Vortragenden haben Mut bewiesen und uns teilhaben lassen an Ihren jeweils beeindruckenden zukunftsweisenden mutigen Projekten – denn nur so können wir unsere Welt lebenswert erhalten in der wir uns wohlfühlen können, um gemeinsam zu wachsen und achtsam miteinander und gleichgestellt zu Leben.


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